Wir brauchen Labore der Zukunft
Am vergangenen Wochenende fand in Berlin ein Symposium des Equilibrismus e. V. statt (erste Fotos auf Facebook). Vierzig geladene Gäste. Anwesend waren Vertreter von Ökounternehmen, Medienvertreter, Stiftungsmitglieder, Architekten und Wissenschaftler. Sie alle haben erkannt, dass wir wegkommen müssen von der lähmenden Katastrophenkommunikation. Wie sagte der Sozialpsychologe Professor Harald Welzer in seinem Vortrag?:
„Sie ist erstens völlig verbraucht, und zweitens entsteht mit Negativ-Vorzeichen keine soziale Bewegung. Wir müssen von dieser »Wir-haben-die-Last-der-Welt-auf-unseren-Schultern«-Rhetorik umschalten auf »Wir können die tollsten Sachen machen!«. Die richtige Frage ist: Wie können wir eine Gesellschaft denken, die mehr Glück produziert?“ Außerdem, und das fand ich besonders bemerkenswert, sagte er folgendes: „Wir müssen uns wahrscheinlich eingestehen, dass die ganze Nachhaltigkeitskommunikation Teil des großen Illusionstheaters ist. Sie tritt immer mit der Konjunktiv-Rhetorik auf: »Wir könnten, wir sollten, wir müssten jetzt«. Aber in Wirklichkeit glaubt keiner, dass wir ernsthaft den Konjunktiv verlassen. Auch die Wissenschaftler nicht. Keiner kommuniziert die Konsequenz im Fall des Misslingens.“
Als Ausweg propagiert Welzer Modellversuche, die beweisen sollen, dass es möglich ist, aus dem bestehenden System auszubrechen: „Wir brauchen Labore der Zukunft und Institutionen, die dabei helfen, sie zu etablieren. Solange wir keine gute Geschichte über unsere Rolle in der Zukunft erzählen können, bleibt das Ganze unpolitisch und partikular. Menschen machen sich nur auf, um ihre Interessen auch gegen Widerstände durchzusetzen, wenn sie eine »Wir«-Identität haben. Und dieses »Wir« muss eine Geschichte über sich erzählen können: »Wir machen das jetzt anders«. In dieser Geschichte spielt dann der Klimawandel gar keine besondere Rolle. Ich brauche nicht die negative Story, es reicht doch völlig, eine gute, neue Story zu haben. Sie kann das Potenzial zur Repolitisierung entfalten. Dann würde sich etwas bewegen.“
Damit hat er unserer Meinung nach den Nagel auf den Kopf getroffen. Das „Tahiti-Projekt“ des Equilibrismus e. V. ist so ein Labor der Zukunft. Wir freuen uns, in Harald Welzer einen so prominenten Fürsprecher gefunden zu haben.