Traum und Wirklichkeit
Schaut bitte in die Kommentare zu „Mutter Erde zieht die Notbremse“. Dr. Gerhard Herres von der Uni Paderborn hat einen außerordentlich interessanten Beitrag geliefert. Wenn man ihn gelesen hat, fühlt man sich erheblich wohler. Unsere Ölsucht ist heilbar, der Klimawandel noch abwendbar, Hunger, Arbeitslosigkeit und mithin der ganze soziale Zündstoff lassen sich in den Griff kriegen. Wunderbare Aussichten. Ich sagte ja, man fühlt sich erheblich wohler damit.
Woran erinnert mich das? Richtig, dieses Gefühl hatte ich beim schreiben des „Tahiti-Projekts“ auch. Dort haben wir ja versucht, alternative, heute bereits existierende ausgereifte Lösungsmöglichkeiten so zu bündeln und in den Alltag unserer Romanhelden zu integrieren, dass man tatsächlich den Eindruck bekommen konnte, die Welt ließe sich bei einigem guten Willen noch zum Besseren wenden. Eine Menschheit, die schon heute auf fast allen Gebieten über soviel vernünftige und praktikable Alternativen verfügt wird schon rechtzeitig zur Besinnung kommen, wenn die Alarmzeichen selbst für Profitgeier nicht mehr zu übersehen sind.
Bei allem guten Willen, Freunde: an dieser Stelle befinden wir uns leider in einem tragischen Irrtum. Es ist nun einmal ein Naturgesetz, dass auch einstürzende Systeme ihre Dynamik besitzen. Und die Systeme der Ökologie, die durch uns Menschen weltweit aus der Balance geraten sind, haben in ihrem galoppierendem Zusammenbruch längst eine eigene Dynamik entwickelt. Die fünfzehn Jahre, in denen wir die Klimakatastrophe noch abwehren könnten, wie uns der Weltklimarat prognostiziert hatte, werden relativ ungenutzt verstreichen, das ist sicher. Vier sind schon um und die Automobilmachung in Asien (und damit natürlich der CO2-Ausstoß) hat rasant zugenommen in dieser Zeit (um nur ein Beispiel zu nennen).
Ich bin Dr. Herres außerordentlich dankbar für seine engagierte Stellungnahme, aber seine Antwort bezieht sich keineswegs auf eine „pessimistische Schau“, wie er es formuliert, sondern auf ein nüchternes, realistisches Fazit. Dennoch hat er mich daran erinnert, dass wir unbeirrt und zielstrebig weiter zu arbeiten haben, anstatt uns der Gefahr auszusetzen, der totalen Depression anheimzufallen. Wir vom Tahiti-Projekt werden nicht müde werden, eine Welt vorzustellen, in der der Mensch wieder eingebunden ist in die Natur und nicht ausschließlich als ihr Feind agiert. Eine solche Welt ist nämlich machbar. Und wenn wir diese Einsicht mit ins Grab nehmen müssen…