Das wachsame Auge des guten Staatsbürgers
Es ist immer wieder erschreckend zu sehen, wie so manches Schreckensszenario aus der Science Fiction Literatur in der Realität Wurzeln schlägt. Die Deutsche Presseagentur meldete am 30.10.2022, dass sich angesichts der Energiekrise immer mehr Bürger aufgerufen fühlen, den Behörden Fälle von Energieverschwendung zu melden. Das Denunziantentum ist auch offiziell wieder hoffähig geworden und wird von den Medien wohlwollend kommentiert. So heißt es in der dpa-Meldung beispielsweise: „Bürger haben ein wachsames Auge im öffentlichen Raum“.
Im Roman „GO!-Die Ökodiktatur“ von Dirk C. Fleck aus dem Jahre 1993 findet sich ein Kapitel, in dem die Mitglieder des Öko-Rats den Erfolg eines Gesetzes feiern, das jeden Bürger mit Kilowattstunden belohnt, der dem Energieministerium einen Menschen meldet, der gegen die Stromsparmaßnahmen verstößt. Auf diese Weise wurde dem Staat freiwillig zugetragen, was er sich unter großem Aufwand mühsam hätte erschnüffeln müssen.
Der Denunziant als staatstragendes Element – das funktioniert, wie wir ja schon bei Corona beobachten konnten. Und weil sich die Realität gegenüber der Science Fiction so schnell auf die Überholspur begibt, benutzt Dirk C. Fleck das Science Fiction-Label für seine Bücher schon lange nicht mehr. Er nennt sie stattdessen literarische Hochrechnungen, das trifft es besser.