Vorreiter eines neuen Bewusstseins
Douglas und Kristine Tompkins – Teil II
Am 8. Dezember 2015 starb Douglas Tompkins im Alter von 72 Jahren bei einem Kajak-Unglück in Patagonien. In unserem Roman FEUER AM FUSS haben wir ihm ein kleines Denkmal gesetzt:
»Die Natur hilft, wieder zu uns selbst zu finden. In der Natur werden wir allmählich immer gefestigter. Tatsächlich macht uns die Natur nur auf etwas aufmerksam, was wir für immer verloren zu haben glaubten,« sagte Malcolm. Irgendwann, so erzählte er, hatte er von dem 2015 verstorbenen Douglas Tompkins erfahren, der sein Modeimperium, bestehend aus den Marken Esprit und The North Face, verkauft und sich mit dem stattlichen Erlös Ländereien in Patagonien gekauft hatte. „Schon bald war Tompkins der größte private Grundeigentümer der Welt. Sein Land erstreckte sich vom Stillen Ozean bis zu den Höhenzügen der Anden. Über ein verschachteltes System von Stiftungen hatte der Multimillionär Dutzende Farmen erworben, die er nun wie ein Puzzle zu einem gigantischen Naturpark zusammenfügte. Wenn man ein Ökosystem bewahren will«, sagte Malcolm, »kann das Schutzgebiet gar nicht groß genug sein. Das ist der Grund, warum ich dort angeknüpft habe, wo Tompkins aufgehört hat. Ich hoffe, dass noch viele, deren Reichtum ihre innere Leere immer größer werden lässt, diesem Beispiel folgen werden.«
2017 schenkte Kristine Tompkins, die Witwe des US-Milliardärs, dem Land Chile die privaten Ländereien. Die gespendeten 408.000 Hektar sind Teil eines Netzwerks von 17 Nationalparks in Patagonien und entsprechen einer Fläche von der Grösse der Schweiz. Einfach war es für das Paar Tompkins nicht, sich in Chile mit ihrer Idee zu behaupten. Viele Menschen zweifelten daran, dass ihre Ziele uneigennützig sind, unterstellten bisweilen absurde Motive wie etwa die illegale Lagerung von Atommüll. Außerdem fühlten sich die Bauern durch die massive Auswilderung von Wildtieren bedroht. „Ich verstehe die Sorgen der Rancher,“ sagt Kristine Tompkins, „der Konflikt zwischen Bauern und Raubtieren ist uralt. Dazu kommt, dass es den Ranchern in Patagonien schlecht geht. Der Druck, immer mehr aus den Flächen herauszuholen, ist groß: Wo eigentlich nur Platz für 3000 Schafe ist, weiden dann 6000. Das führt zu Erosion und dem Verlust von Biodiversität. Deshalb war Landwirtschaft ein wichtiger Pfeiler unserer Arbeit.“
Kristine Tompkins ist trotz der großartigen Leistung, die sie mit ihrem Mann erbracht hat, nicht frei von Zweifeln. „Im Vergleich zu all den natürlichen Landstrichen, die jede Woche zerstört werden, verlieren wir das Rennen,“ gesteht sie, um kämpferisch hinzuzufügen: „Auch deshalb habe ich nach Dougs Tod gesagt: Jetzt erst recht!“ Auf die Frage, wie zuversichtlich sie sei, dass die chilenische Regierung den Willen, das Wissen und das Geld hat, die ihr geschenkten Landstriche zu bewahren, antwortet sie: „Sie hat nicht unbedingt das Geld und vielleicht auch nicht das ganze Know-how, aber ich bin mir sicher, dass der Wille da ist. Wie überall liegt das Gelingen letztlich an den Einheimischen. Die Chilenen müssen die Parks wollen, die Schutzgebiete müssen Teil ihres Wertesystems werden.“