Wahlausgang in Französisch-Polynesien bremst Modellprojekt
Gaston Flosse ist neuer Präsident und wird Französisch-Polynesien die nächsten fünf Jahre mit einer absoluten Mehrheit im Parlament regieren. Das geänderte politische Umfeld wirkt sich auch auf das geplante Modellprojekt des Equilibrismus e. V. auf Rapa Iti aus.
Erstmals kam bei einer Parlamentswahl in Französisch-Polynesien eine neue Regel zum Einsatz: Der Sieger erhält automatisch 19 Sitze mehr, als ihm laut Ergebnis zustehen. So verfügt Gaston Flosse über 38 von insgesamt 57 Sitzen. Elf Sitze erlangte der bisherige Präsident und Equilibrismus-Unterstützer Oscar Temaru (Foto). Die restlichen acht Sitze gewann Teva Rohfritsch. Seit 2004 gab es aufgrund von knappen Mehrheiten 13 Regierungswechsel. „Mit dem neuen System hofft man, mehr politische Stabilität in der Region zu etablieren, auch wenn es streng genommen undemokratisch ist“, sagt Equilibrismus-Vorstand Eric Bihl.
Viele Herausforderungen für Tahiti
„Französisch-Polynesiens soziale, ökologische und wirtschaftliche Probleme sind gewaltig. Kosten explodieren, die Staatsverschuldung steigt, ebenso wie die Arbeitslosigkeit. Gaston Flosse regiert nun mit einer absoluten Mehrheit und ich bezweifle, ob er sie dazu nutzt neue Wege zu beschreiten und damit Französisch-Polynesien nachhaltig aus der Krise zu führen“, erklärt Eric.
Die bisher bekannten Pläne geben wenig Grund zur Hoffnung: Der Flughafen auf der Insel Bora Bora soll zum internationalen Großflughafen ausgebaut werden, man denkt über den Bau von staatlichen Spielcasinos nach, unter anderem finanziert durch zusätzliche Kredite mit entsprechender Zinslast aus dem Kernland Frankreich oder der Volksrepublik China. Das zeigt, wie veraltet die Denkweise zumindest laut Wahlprogramm ist. Ebenso kann der Tourismus nicht das Allheilmittel sein, um fehlende Einnahmen auszugleichen und die Staatsschulden abzutragen. Um gänzlich finanziell unabhängig von Frankreich zu werden, müssten sich jährlich etwa 600.000 Touristen in Französisch-Polynesien tummeln. Ob das Ökosystem dies verkraftet, steht auf einem anderen Blatt. Zum Vergleich: 2012 fanden 169.000 Touristen den Weg nach Französisch-Polynesien.
Rapa Iti steht zum Modellprojekt
„Das Ergebnis der Wahl war für mich persönlich enttäuschend, denn ein Großteil meiner bisherigen Überzeugungsarbeit beginnt nun von vorn“, sagt Roti Make, Equilibrismus-Botschafterin in Französisch-Polynesien. Roti war es gelungen, neben dem Ex-Präsidenten Oscar Temaru auch die bisherigen Minister Jacky Bryant (Umwelt), Kalani Teixeira (Agrar) und James Salmon (Verkehr) als Befürworter für das Modellprojekt zu gewinnen. Nun ist eine neue Regierung im Amt.
Den Kopf in den Sand stecken möchte die engagierte Frau dennoch nicht. Immerhin haben sich die politischen Entscheidungsträger der Insel Rapa Iti, der Rat der Weisen, die Hüter der Erde und Bürgermeister Tuanainai Narii, für das Modellprojekt in ihrer Heimat ausgesprochen. „Daran hat sich nichts geändert“, betont Roti.
Aussichten für das ökologische Schaufenster
Bei seinem Aufenthalt Ende März auf Tahiti konnte Eric nicht nur vor Ort recherchieren, sondern auch Gespräche mit Abgeordneten führen. „Die Tür ist noch nicht endgültig zugeschlagen und wir Equilibristen werden weiterhin Kontakt mit Oscar Temaru und den anderen Befürwortern halten. Doch es gibt auch logistische Probleme zu lösen. Das neue Schiff hat seinen regulären Betrieb aufgenommen, allerdings steuert es Rapa Iti nur alle vier Wochen und nur für ein paar Stunden Aufenthalt an, während das alte Schiff gravierende technische Mängel aufweist. Wenn das Modellprojekt als ökologisches Schaufenster starten soll, ist neben einer breiten politischen Unterstützung eben auch eine verlässliche Reiseplanung nötig.