Schwundgeld und Tahiti-Virus
Auf der polynesischen Insel Moorea soll ein hundertprozentig ökologischer und biologisch komplett abbaubarer Modellstaat entstehen. Ein Gespräch mit den Initiatoren Roti Make und Eric Bihl.
taz: Sie sind groß und blond, sprechen Deutsch und sind eine Polynesierin. Wie kommt das?
Roti Make: Die Eltern meiner Mutter stammen aus Tonga und Norwegen, mein Vater aus einer französischen Adelsfamilie. Mein Stiefvater war Schweizer, ich habe in der Schweiz Bildende Kunst und Haute Couture studiert.
Und Sie wollen zusammen mit polynesischen und internationalen Studenten eine Öko-Modellwirtschaft auf Tahitis Nachbarinsel Moorea aufbauen, also quasi einen biologisch abbaubaren Kleinstaat?
Roti Make: Ja! Zwei Studenten mit dem Spezialgebiet „Erneuerbare Energien“ waren von Juli bis September 2009 in Tahiti, um eine Machbarkeitsstudie zu erstellen. Danach kam Eric Bihl und erläuterte das Vorhaben. Ich war begeistert!
Eric Bihl: Ich hingegen war anfangs eher deprimiert. Die Wirtschaftslage in Französisch Polynesien hat sich sehr verschlechtert. Frankreich bezahlt zwar jährlich 1,5 Milliarden Euro für 270.000 Einwohner auf allen 118 Inseln, unter anderem als Kompensation für die Folgen der Atomtests, die es von 1966 bis 1996 auf Mururoa durchführte. Jetzt aber ist der Tourismus extrem eingebrochen, die Schwarzen Perlen verloren 60 Prozent ihres Wertes, die Gebiete sind überfischt. Doch dann besuchten wir die 14 Kilometer entfernte Insel Moorea mit ihren 16.000 Einwohnern. Wir trafen dort den Bürgermeister und einige Mitarbeiter der Universität Berkeley, die das Projekt „Biocode“ betreiben – Klassifizierung von Tieren und Pflanzen -, und die Organisation Tepu Atitia, übersetzt „Zentrum für eine aufstehende Gemeinde“, die Jugendlichen alte polynesische Traditionen in Hausbau und Ernährung beibringt.
Und wir kamen zum Schluss: Das Projekt könnte auf dem 26 Hektar großen brachliegenden Gebiet eines früheren Club Med starten. Es gehört Tahitianern, ist sehr schön, sehr fruchtbar – die letzte von vier Verfilmungen der „Bounty“ wurde hier gedreht. Wir wollen dort zeigen, dass im Bereich Energie, Bekleidung, Behausung, Ernährung und Verkehr alles im vollständigen Einklang mit der Natur organisierbar ist. Wir würden eine Geldreform sowie Parlaments-, Gesundheits-, Bildungs- und Kulturreformen. Das Gebiet soll eine Art Schaufenster werden, ein Präzedenzfall, der der Welt zeigt: Seht, es ist möglich!
Quelle: http://www.taz.de/!5145698/
Ute Scheub
Taz