Mensch und Natur: ein Vordenker
Wie wir inzwischen alle wissen (sollten), brauchen wir die Natur, die Natur braucht uns aber nicht. Einer der darauf in seinem Werk immer wieder Bezug nahm, war der Maler Caspar David Friedrich. Zentrales Thema seiner Landschaftsdarstellungen ist das neuartige Verhältnis von Mensch und Natur. Ihn als bekanntesten deutschen Maler der Romantik zu bezeichnen greift dabei zu kurz. Seine Bilder von Weite bis Einsamkeit, von Stille bis Sehnsucht und von Demut bis Spiritualität sind weit von dem entfernt, was man damals als romantischen Zeitgeist empfand. Er malte keine feiernden Menschengruppen, keine Dorfidyllen und keine Motive aus dem Sehnsuchtsland Italien, das als Nationalstaat gerade im Entstehen war.
Er war sich der Irrelevanz der Spezies Mensch bewusst, wie z.B. das Bild ‚Mönch am Meer‘ oder seine Mittelgebirgslandschaften ohne jede Menschenseele eindrucksvoll und teilweise melancholisch zeigen. Oft setzt er nicht real existierende Motive zusammen, wobei er mit der reduzierten Größe menschlicher oder menschengemachter Bildteile spielt. Leere unter leuchtendem unendlichem Himmel lässt Natur durch den andächtig Suchenden eher fühlen als sehen. Dieses Gefühl für die Natur und ihre Kraft hat ihre Ursache wahrscheinlich in der Biografie des Malers. Sein Bruder ertrank im Alter von zwölf Jahren beim Versuch den im Eis eingebrochenen Caspar David zu retten.
Die ruhigen Kompositionen bezeichnete sein Zeitgenosse Heinrich von Kleist sogar als apokalyptische Landschaften. Goethe wollte sich von Friedrich die gerade neu definierten Wolkenarten malen lassen, aber der lehnte ab, weil das nicht seiner Auffassung von Himmel entsprach und die Natur kein Objekt des Menschen sei.
Sein von den wenigen dargestellten Menschen gezeigter Blick in die Landschaft hat allerdings auch einen weniger interpretativen Grund: er konnte keine Gesichter malen!
Gegen Ende seines Schaffens galt Friedrich als altmodisch und seine Bilder als wenig dekorativ. Niemand interessierte sich mehr für den Wegbereiter der Moderne und seine Sicht auf die Natur. Die beginnende industrielle Revolution ließ die Natur eher als Gegner erscheinen, der besiegt werden muss. Seine Bilder hingen in keinem Museum und wurden in der Literatur kaum erwähnt. Erst bei der Jahrhundertausstellung 1906 in Berlin wurde sein Werk wiederentdeckt. Die beiden heute als Hauptwerke betrachteten Gemälde ‚Kreidefelsen auf Rügen‘ und ‚Wanderer über dem Nebelmeer‘ waren für hundert Jahre verschollen bzw. erst 1936 im Kunsthandel aufgetaucht.
Nach den Jubiläumsausstellungen zum 250. Geburtstag des Malers in Hamburg und Berlin gibt es ab 24. August 2024 an zwei Ausstellungsorten in Dresden noch eine dritte Möglichkeit große Teile seines Werkes zu bewundern:
Caspar David Friedrich. Wo alles begann – Der Maler
24. August 2024 bis 5. Januar 2025 im Albertinum
Caspar David Friedrich. Wo alles begann – Der Zeichner
24. August 2024 bis 17. November 2024 im Kupferstichkabinett
Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Caspar_David_Friedrich
https://www.arte.tv/de/videos/112225-000-A/caspar-david-friedrich-die-entdeckung-der-unendlichkeit/
https://albertinum.skd.museum/ausstellungen/caspar-david-friedrich-wo-alles-begann/
https://de.wikipedia.org/wiki/Jahrhundertausstellung_deutscher_Kunst
Autor: Rudolf Prott