DECKUNGSGLEICH IN DIE ZUKUNFT?
Eine Erfolgsserie und die Maeva-Trilogie im Vergleich
Vor Kurzem stieß ich durch eine Rezension im Münchner Feuilleton auf die BBC-Serie „Years and Years“ von Russell T. Davies, die mich auf Anhieb neugierig machte, weil sie von der Struktur her erstaunliche Parallelen zu unserer Maeva-Trilogie aufzuweisen schien. Die Serie spielt in der Zeit von 2019 bis 2034, also in einem fast identischen Zeitrahmen wie unsere Trilogie (2022 bis 2036). Ich sah mir daher sämtliche Folgen von „Years and Years“ in einem Zug an, schließlich war ich brennend daran interessiert, was diese Produktion an originellen Ideen für die allernächste Zukunft zu bieten hatte. Die meisten Science-Fiction-Geschichten werden ja im Gegensatz zu dieser mit einfachsten Mitteln gestrickt. Man extrapoliert die Handlung in eine ferne Zukunft, wo sie völlig losgelöst von den augenblicklichen Verhältnissen ein Eigenleben entwickelt, das in seinen fantastischen Ausschlägen ausschließlich der Unterhaltung dient.
Aber zurück zu „Years and Years“. Es handelt sich hier um eine spannende Dystopie von erschreckenden Ausmaßen, die meiner Ansicht nach durchaus Wirklichkeit werden kann, wenn wir den heute eingeschlagenen Weg nicht verlassen. Unsere Maeva-Trilogie (Das Tahiti-Projekt / Das Südsee-Virus / Feuer am Fuß) ist dagegen eine positive Utopie, die den aktuellen Ist-Zustand und die negativen Entwicklungen, die sich daraus ergeben könnten, zwar nicht verneint, aber dennoch zuversichtlich in die nahe Zukunft blicken lässt. Die drei Bücher bieten hochgradige Unterhaltung, sie sind wahre Thriller, Öko-Thriller. In ihnen wird eine sozio-ökologische Gesellschaft vorgestellt, die sich in allen Lebensbereichen auf die zahlreichen Alternativen stützt, die heute schon existieren, von den kapitalen Interessen sehr oft aber verhindert werden. Unsere Romane bieten dem Leser ein Rezept und eine Strategie an, um aus dem heutigen System auszubrechen. Nach dem Motto: Wir haben es nicht mit einem Fehler im System zu tun, sondern mit einem fehlerhaften System.
Eine Gesellschaft, die im Einklang und in Symbiose mit den Naturregeln leben will, benötigt ein völlig neues Wirtschaftssystem: weg von der globalen Monopolisierung hin zu einer Bio-Regionalisierung. Der Leser soll spüren und fühlen können, wie eine bessere Welt aussehen könnte. Unsere Romane sollen dazu beitragen, eine positive Dynamik zu erzeugen. Allmählich scheint das auch die Unterhaltungsindustrie zu begreifen. Wir hatten bereits mehrere Anfragen verschiedener Filmproduktionsgesellschaften, zuletzt von der Firma Tobis, die eine Serie daraus machen wollten, die ihnen letztlich aber zu teuer war. Unsere Utopie müssen Sie also noch lesen.
Unser Vorschlag: Vergleichen Sie selbst, in welcher Welt Sie in Zukunft am liebsten leben wollen!
Eric Bihl
Und hier nun die angesprochene Rezension aus dem Münchner Feuilleton:
Das ist erst der Anfang
Die BBC-Serie »Years and Years« kennt kein Pardon bei der Schilderung, was in den nächsten Jahren auf uns zukommt.
Alles wird noch viel schlimmer. Was wir gerade erleben, ist erst der Anfang, und das Jahr, das gerade hinter uns liegt, ist nichts gegen das, was uns erwartet. Das sagt uns die BBC-Serie »Years and Years«. Der Sechsteiler, der 2019 in Großbritannien gedreht wurde, wartet mit Grundvoraussetzungen auf, die nicht unserer Realität entsprechen. Das ist wie eine kleine tröstliche Sandbank, auf die man sich rettet und auf der man sich einredet: Diese Serie (die Idee stammt von »Doctor Who«-Autor Russell T Davies) ist nichts weiter als eine wirklich krasse Fiktion. Sie beginnt im Jahr 2019 und reicht bis 2034. Zu Beginn wird Trump gerade wiedergewählt, Angela Merkel hat das Zeitliche gesegnet. 2020 gibt es nirgends auch nur einen Hauch von Corona, dafür zündet der amerikanische Präsident die Atomrakete auf einer chinesischen Insel. Aber das war es dann auch schon mit der Selbstberuhigung, da sei jemandem einfach die Fantasie durchgegangen.
Eine Sandbank ist eben keine Insel. Denn das Zukunftsszenario, das hier entworfen wird, ist so realistisch, dass man sich beim Zuschauen gern auch mal stöhnend die Augen zuhalten will. Emma Thompson, die bekanntlich jeder Rolle Augenblicke am Rande des Nervenzusammenbruchs entlockt (egal, ob als verarmte, in Hugh Grant verknallte Adelige, als Haushälterin im Zweiten Weltkrieg, als Wahrsagerin auf Hogwarts oder als zauberhafte Nanny), gerät als fahrlässig in die Politik gerasselte Populistin Vivienne Rook völlig außer Rand und Band. Sie ist das personifizierte Chaos und Spiegelbild einer Welt in Raserei, in der sich die Familie Lyons verliert und wiederfindet. Und wieder einmal gilt: Die Originalversion ist unbedingt der Synchronfassung vorzuziehen. Die hölzern-hysterischen deutschen Stimmlagen sind kein Ersatz für die originalen Manchester-London-Slangs.
Die sechs Folgen entspinnen sich um Großmutter Muriels vier Enkel, deren Partner und ihre Kinder. Ein Fixpunkt in jedem Jahr ist das Geburtstagsfest der Oma an Silvester und hilft dem Zuschauer, sich in dieser sich überschlagenden Geschichte zu orientieren. Muriel ist 2019 schon alt, wirkt aber 2034 erstaunlicherweise kein bisschen älter. Die Menschen leben in einer total digitalisierten Welt, in der es an allen Ecken brennt. Weil alle ständig im Internet hängen, ist das Stromnetz so überlastet, dass ein Blackout den nächsten jagt. Diversität ist weitgehend zur Selbstverständlichkeit geworden, mündet aber in immer neue Herausforderungen: So konfrontiert Bethany, die Tochter von Finanzberater Stephen und Buchhalterin Celeste, ihre Eltern nicht mit der Banalität, möglicherweise ein Transgender zu sein – nein, sie will gleich ganz »transhuman« werden. Heißt: Sie möchte ihre Körperlichkeit aufgeben und sich direkt in eine Cloud verwandeln. Der Finanzmarkt bricht global zusammen, Stephen verliert seinen hoch dotierten Job und sein Vermögen auf der Bank und arbeitet fortan als Fahrer bei einem Kurierdienst. Seine Schwester Rosie sitzt im Rollstuhl, betreibt einen Foodtruck und hat zwei Söhne von unterschiedlichen Vätern. Daniel leitet eine Flüchtlingsunterkunft, verliebt sich in den Ukrainer Viktor und ertrinkt beim Versuch, ihn aus einem der Konzentrationslager zu retten, die die wahnsinnige, inzwischen zur Premierministerin aufgestiegene Vivienne Rook zur Volksreinigung installiert hat.
Nichts, aber auch gar nichts bleibt dem Zuschauer erspart. Zum Glück gibt es noch Muriels vierte Enkelin Edith, die als Aktivistin aus Krisengebieten rund um den Globus berichtet und mit dafür sorgt, dass am Ende nicht nur die Spanier erfolgreich auf die Barrikaden gehen. Es ist noch nicht alles verloren, 2034, und vielleicht verhütet ein schmaler historischer Korridor der Vernunft wieder einmal vorübergehend den endgültigen Weltuntergang. Uferlos, erschreckend und sehr unterhaltsam.
Christiane Pfau
Mit freundlicher Genehmigung des Münchner Feuilleton https://muenchner-feuilleton.de/
YEARS AND YEARS GB, 2019 | Idee: Russell T Davies | Mit: Emma Thompson, Russell Tovey, Jessica Hynes, Anne Reid u. a. | 6 Folgen à 56 Min. | deutsch-sprachige Version in der ZDF-Mediathek, OmU u. a. auf Amazon