Es gibt keine sinnvollere Alternative, die mir mehr Freude bereiten würde
Dirk C. Fleck verbreitet mit seinen Romanen bereits seit Jahren die Visionen des Equilibrismus. Momentan schreibt er am dritten Band. Im zweiten Teil des Interviews spricht er über die Utopie als Ausweg aus der Depression. Und über eine hart erkämpfte Selbstdisziplin.
Jens Brehl: Erarbeitest Du die Inhalte für den dritten Equilibrismus-Roman eigentlich alleine oder wirst du dabei unterstützt?
Dirk C. Fleck: Bevor ich mit dem Schreiben begonnen habe, habe ich bereits über drei Monate Materialien gesammelt. Außerdem versorgt mich unter anderem Eric Bihl mit Informationen und gemeinsam arbeiten wir Ideen aus. So hat sich im dritten Roman beispielsweise die digitale Welt vollkommen geändert: Unsere Gesellschaft hängt nicht mehr am Draht, sondern am seidenen Faden. Es gibt auf der Erde regelrechte Informationswüsten. Die Mächtigen fürchten die Freiheit des Internets und üben daher eine starke Zensur und Spionage aus. In manchen Ländern etabliert sich ein totaler Überwachungsstaat, wie das jüngst bekannt gewordene Prism-System des amerikanischen Geheimdienstes NSA und die britische Variante „Tempora“ bereits heute erahnen lassen. Auch gezielte Hackerangriffe nehmen zu.
Jens Brehl: Was bedeutet es für Dich als Autor, bereits seit Jahren die Vision des Equilibrismus zu begleiten und mit Deinen Romanen fühlbar zu machen?
Dirk C. Fleck: Das Schreiben von „Das Tahiti-Projekt“ und die damit verbundene positive Zukunftsvision haben mich aus einer tiefen Depression gerissen. Mit „GO! Die Ökodiktatur“ hatte ich ja einen ziemlich apokalyptischen Roman veröffentlicht, in dem die Welt zwar ebenfalls vor dem Abgrund steht, aber eine Diktatur die Macht ergreift. Ich hatte unterschätzt, wie sich das Beschäftigen mit einer derart düsteren Zukunft auf meine Psyche auswirkt. Außerdem fungiert die Untergangsliteratur in meinen Augen nicht mehr als Warnsystem, sondern ist längst Teil der Unterhaltungsindustrie geworden. Deswegen habe ich mich entschieden, mich vor allem mit Dingen zu beschäftigen, die mir und meinen Mitmenschen gut tun. In einer Situation, in der die Gefahr immer bedrohlicher wird, ist es in meinen Augen sinnvoll dagegen „anzuhoffen“, mit meiner verfügbaren Kraft und mit meinem Talent ein wenig Licht zu verbreiten. Das eigentliche Problem der Menschen ist doch die Angst und gegen die möchte ich anschreiben.
Jens Brehl: Wie dürfen wir uns einen typischen Schreibtag von Dir vorstellen?
Dirk C. Fleck: (lacht) Ich hoffe, es wird wieder so sein wie es bei den vorherigen Büchern auch war: Sobald ich mich zur Selbstdisziplin aufgerafft habe, stehe ich werktags jeden Morgen um sechs Uhr auf, dusche, frühstücke und sitze dann spätestens um acht Uhr an meinem Computer. Durch diesen Rhythmus verwachse ich dermaßen mit dem Thema, dass ich nach einer Weile auf die Hilfe meiner „Musen“ hoffen darf. Sobald die merken, dass ich die Arbeit ernst nehme und mich ihr diszipliniert stelle, beginnen sie mich mit Ideen zu beschenken. Das kann im Schlaf passieren oder wenn ich spazieren gehe. Dann heißt es reagieren: Entweder stehe ich auf und schreibe meine Gedanken gleich am Computer nieder oder ich spreche sie unterwegs in ein Diktiergerät. Es kann vorkommen, dass ich morgens noch gar nicht weiß, womit ich mich beschäftigen werde. Auf diese Art entsteht täglich etwas Neues.
Jens Brehl: Woher nimmst Du Deine Selbstdisziplin?
Dirk C. Fleck: Ich bin eigentlich ein fauler Mensch, und das aus Überzeugung. Aber eines weiß ich eben auch: Ohne brettharte Selbstdisziplin funktioniert das Bücherschreiben nicht. Ich habe ja eine positive Einstellung zu meiner Arbeit. Wenn ich mir ein solches Projekt vorgenommen habe, fühle ich mich berufen. Also muss ich den Faulenzer für eine Weile in die Schranken verweisen. Erst wenn dir das gelingt, wenn du jeden Tag zu erkennen gibst, dass du das Buch wirklich willst, wirst du belohnt. Dann befindest du dich in einem Arbeitsprozess, der Spaß bringt. Außerdem ist es einfach ein herrliches Gefühl, mit seinem Tagwerk zufrieden zu sein.
Jens Brehl: Wie lange wirst Du ungefähr am Buch schreiben?
Dirk C. Fleck: Ich habe mir selber zehn Monate für das Schreiben und dann nochmals zwei Monate für die Korrektur gegeben. Ich sollte also Ende Mai nächsten Jahres mit der Trilogie fertig sein.
Jens Brehl: Was planst Du für die Zeit nach dem dritten Teil?
Dirk C. Fleck: Das nächste Projekt steht schon fest. Es ist ein Sachbuch mit dem Arbeitstitel „Heroes“, zu Deutsch „Helden“. Darin möchte ich 25 Menschen aus den letzten 150 Jahren bis heute vorstellen, die als Mahner gegen den Wahnsinn hervorgetreten sind. Viele von ihnen haben das getan und damit nicht nur ihre gesicherte Existenz riskiert, sondern sogar ihr Leben. „Heroes“ wird ein weiteres Mut-mach-Buch.
Jens Brehl: Vielen Dank für das Gespräch.