Führt die Euro-Krise in den Faschismus?
Am 10. April 1994 schrieb mir Rudolf Bahro nach der Lektüre meines Romans „GO! Die Ökodiktatur“ unter anderem folgendes:
„Interessanterweise ist der Übergang zur Öko-Diktatur bei Ihnen die Aktion konvertierter Wissenschaftler und Technokraten. Und Konversion heißt hier nicht mehr als vergleichsweise der Übergang von einer hiesigen Kirche zur anderen. Das ist immanent logisch: der Kampf zwischen Experten, die ihre methodologische Basis teilen, nimmt leicht die Form des exterministischen Krieges zwischen „Schwarz“- und „Weiß“-Magiern an.“
Dem von mir installierten Putsch einer internationalen Wissenschaftselite, die das weltweite Computernetzwerk zum Einsturz brachte und unsere hochtechnisierte Welt damit handlungsunfähig machte, ging in Europa das Regiment einer Faschistischen Liga voraus. Ich erinnere mich, dass ich dafür damals nur Kopfschütteln erntete. Wer aber heute die Entwicklungen in Europa aufmerksam verfolgt, wird das für den Fall des Euro-Zusammenbruchs zumindest für möglich halten. Bahro äußerte sich damals dazu wie folgt:
„Mir kommt die von Ihnen für mögliche gehaltene (industrie-) „Faschistische Liga“ nicht wahrscheinlich vor. Das Eingeschworensein auf „Wissenschaft und Fortschritt“ ist heute ein Phänomen der „unterentwickelten“ Länder, bei den Herren unserer Hochfinanz und Hochtechnologie ist wohl die Antriebsfeder schon angebrochen; etwas in ihnen ahnt, was der Dürrenmatsche Romulus Augustulus weiß, dass „Rom nicht mehr wert ist, verteidigt zu werden“. Ich denke inzwischen, jede auch nur psychisch gewaltsame Strategie kann diese „natürliche“ Erosion des bisherigen westlichen Grundimpulses nur stören. Bei dieser Erosion werden natürlich „Teilchen frei“, und die positiv zu organisieren, erscheint mir als die epochale Forderung, an der wir zu arbeiten hätten. Sie gehen ja auch davon aus, dass die Institutionen und ihre „Policies“ – wenn man Ihren Minister Heiland nimmt, sogar über eine sehr kurze Strecke – umgesetzte Bewusstseinsverfassungen sind. Wir kriegen letztlich, was wir – nun auch im buddhistischen Sinne „verdienen“, weil zurück kommt, was wir sind…“
Rudolf Bahro (1935-1997) war laut Wikipedia ein deutscher Philosoph und Politiker. Er gehörte zu den profiliertesten Dissidenten der DDR, war Mitbegründer der Grünen und wurde durch sein Buch Die Alternative (1977) bekannt.
Foto: Bundesarchiv, Bild 183-1989-1216-014 / Senft, Gabriele / CC-BY-SA (Wikipedia)