Interview mit der Presse III
Gestern hat Harald Schumann, Redakteur beim „Tagesspiegel“ und Autor des Buches „Der globale Countdown“, zugesagt. Morgens angeschrieben, nachmittags zugesagt – so geht es eben auch. Im Verhältnis Zusagen vs. Absagen steht es jetzt 8:5, immerhin.
Es fällt allerdings auf, dass die Zusagen allesamt aus einer Ecke kommen, in der ein gewisses Engagement im Umgang mit den Problemen unserer Tage bereits spürbar ist. Was außerdem auffällt ist die Tatsache, wie problemlos diese Journalisten offenbar Zeit für ein Gespräch mit mir erübrigen können, während Beckmann, Maischberger, Weimer, Willemsen und Co. auf Monate hinaus beim besten Willen keine Zeit für ein Interview erübrigen können, nicht einmal zwei Stunden. Zu viel Arbeit, Termine, Termine, Sie verstehen …
Moment mal? Soll das etwa heißen, dass diejenigen Kollegen, die dem Mainstream kritisch und engagiert entgegen wirken, vergleichsweise wenig zu tun haben, während die Herrschaften von den großen Magazinen, Zeitungen und Fernsehformaten sich abrackern und vor lauter Arbeit nicht in den Schlaf kommen? Kann eigentlich nicht sein. Ich erinnere mich an die Zeit vor zehn Jahren, als ich das Privileg hatte, für die WELT und später für die Berliner Morgenpost jeden Freitag ein ganzseitiges Porträt über eine bundesdeutsche Persönlichkeit schreiben zu dürfen – Künstler, Politiker, Wissenschaftler, Unternehmer. Natürlich waren auch viele von Deutschlands Starjournalisten dabei. Maybritt Illner zum Beispiel, Michel Friedmann oder Ulrich Wickert.
Wie lief das damals ab? Ahja, ich habe die Herrschaften angeschrieben, ihnen mitgeteilt, um was es ging (ein lockeres Gespräch über Gott und die Welt) und um einen Termin gebeten. Heute machen ich es nicht anders: ich schreibe die Herrschaften an, teile das Thema mit (Verantwortungsbewusstsein der Medien gegenüber den dringendsten Herausforderungen unserer Zeit) und bitte um einen Termin. Aber im Gegensatz zu damals, als ich die Zusagen für das Interview in der Regel innerhalb von drei Tagen erhielt (Absagen waren nicht dabei), hüllen sich die meisten meiner prominenten Kandidaten jetzt in Schweigen oder lassen ausrichten, dass sie leider aus Termingründen etc., etc. Ein Schelm, wer dieses Verhalten mit dem gestellten Thema in Verbindung bringt …
Auf Harald Schumann freue ich mich. Wie sagte der Mann in seiner Dankesrede, als er letztes Jahr den Journalistenpreis „Der lange Atem“ verliehen bekam?:
„Die innere Pressefreiheit in den Redaktionen – die ist keinesfalls überall gegeben. Ich hab das am eigenen Leib über viele Jahre beim Spiegel mitgemacht aber ich weiß das auch aus anderen Redaktionen. Es ist nicht so, dass wenn der Redakteur oder der Reporter eine Sache recherchiert hat, oder etwas für richtig oder für falsch erkannt hat, dass das dann automatisch genauso auch im Blatt erscheint. Es kommt immer noch sehr häufig vor, dass Kollegen, die hervorragende Arbeit gemacht haben, die hervorragend schreiben und recherchieren, nicht das schreiben dürfen und können, was eigentlich der Wahrheit entspricht, sondern es wird zurechtgebogen, klein gemacht, gekürzt, wenn es den jeweiligen Interessen, Gesinnungen, Absichten und Interessen seiner Vorgesetzten nicht entspricht. Es gibt politische und wirtschaftliche Interessen von Chefredakteuren und Verlegern. Die werden von oben nach unten durchgestellt und viele Kollegen werden gezwungen, sich dem zu beugen.“
Das Greenpeace-Magazin berichtete folgendermaßen darüber: „2004 druckte der SPIEGEL, damals noch unter Chefredakteur Stefan Aust, eine Titelgeschichte mit dem Slogan ‚Der Windmühlen-Wahn‘, die gegen eine ‚Verspargelung der Landschaft‘ und ‚hoch subventionierte Landschaftszerstörung‘ polemisierte. Zwei hochgelobte Fachredakteure, Gerd Rosenkranz und Harald Schumann, schmissen daraufhin ihre Jobs. Aust habe die ‚Propaganda‘-Geschichte gewollt, hieß es hinterher, weil er sich beim Pferdezüchten im Elbeflachland bei Stade über die vielen Windräder in der Nähe geärgert habe.“
Harald Schumann dazu: „Der damalige Chefredakteur hatte ein Interesse daran, gegen Windkraft zu sein, weil es seine Pferdezucht im Landkreis Stade bedrohte und deshalb sollte der ganze SPIEGEL gegen Windkraft sein. Meine Windkraftgeschichte wurde nicht gedruckt, stattdessen erschien eine Anti-Windkraftgeschichte, sie so haarsträubend falsch und manipuliert, mit gefälschten Fotos und gefälschten Zitaten war, dass ich gesagt habe, das ist nicht mehr meine Zeitung und deshalb hatte ich damals gekündigt.“
Interview mit der Presse scheint ein interessantes Buch zu werden. So oder so. Wer sich über Harald Schumann schlau machen möchte, schaut sich am besten dieses Video an.