Kernschmelze im Kopf des RWE-Chefs
Wie zynisch, arrogant und verantwortungslos die deutsche Atomindustrie auf den japanischen Supergau reagiert, hat uns gerade RWE-Chef Jürgen Großmann bei der Tagung des CDU-Wirtschaftsrates in Berlin demonstriert.
Fukushima ist keine drei Monate her, die Kernschmelze greift von einem Block zum anderen, da stellt sich dieser Mann hin und hält eine „Rabatzrede“ (SPIEGEL-Online) gegen den Atomausstieg. Im Falle der beschlossenen Energiewende sieht er nicht nur den Wirtschaftsstandort Deutschland gefährdet, sondern gleich die ganze Demokratie. Ein deutscher Alleingang, so Großmann, führe unter Umständen direkt in die Ökodiktatur. Gipfel von Großmanns Demokratieverständnis war seine Forderung, die Bundesregierung solle keine fixen Ausstiegstermine für eine Zukunft nennen, „in der keiner der heutigen Entscheider noch regieren wird.“
Wie soll man denn das verstehen? Wenn man dieser Logik folgt, müssten die freien Wahlen als „Kernelement“ der Demokratie sofort abgeschafft werden. Denn freie Wahlen bergen dummerweise die Gefahr in sich, dass eine Regierung ausgetauscht wird. Da laut Großmann aber kein Politiker Entscheidungen für eine Zukunft treffen sollte, in der er unter Umständen nicht mehr regieren wird, bliebe nur eine Alternative: noch in dieser Legislatur alle Kernkraftwerke vom Netz nehmen oder die Entscheidung darüber der Atomindustrie überlassen, die nach den nächsten Wahlen mit Sicherheit noch „regieren“ wird.
Jürgen Großmann hat Visionen. Er sollte zum Arzt gehen. Vielleicht kann dem Mann geholfen werden, vielleicht gibt es ja das eine oder andere Mittelchen, um ihn herauszuholen aus einer Parallelwelt, in der immer wieder das gleiche Lied angestimmt wird: „Aber eins, aber eins das bleibt bestehen, die Kernenergie wird niemals untergehen …“