MAEVA! und die Atomlobby
Dies fand ich nicht etwa in der taz, sondern in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung:
„Die amerikanische Regierung hat vor Jahren eine Kommission einberufen, die sich überlegen sollte, wie man atomare Endlagerstätten mit Warnungen versehen könnte. Das Problem war, dass die tödliche Gefahr Millionen Jahre anhält. Können die Menschen dann überhaupt noch lesen? Verstehen sie unsere Zeichen? Was bedeutet dann ein Totenkopf? Soll man Pyramiden bauen?
Die Kommission, bestehend aus Anthropologen, Ethnologen und Schriftstellern, scheiterte faktisch. Daraus folgt: dass wir es überleben, heißt nicht, dass es unsere Kinder überleben. Es gibt keine andere Technologie, außer der atomaren, mit der wir so weit in die Zukunft zielen können. Die Endlagerstätten aus der Zeit um Christi Geburt, wenn es sie schon gegeben hätte, hätten heute einen Bruchteil ihrer Gefährlichkeit erst eingebüßt. Vielleicht hätte es das neunzehnte Jahrhundert getroffen, das das Erdreich aufwühlte wie kein anderes. Der Bergwergsdirektor Goethe war emsig dabei. Wir müssten uns dann die Frage des Überlebens nicht mehr stellen, weil es uns, zumindest undeformiert, gar nicht gäbe.“
Wie heißt es in MAEVA! auf Seite 205? „Ich stehe hier vor dem Kernkraftwerk Koeberg, dreißig Kilometer westlich von Kapstadt. Dieser Schrottmeiler ist das Symbol eines untergehenden, kannibalistischen Systems. Eine Million Menschen haben vor wenigen Stunden im Pelikan-Park gegen die weitere Nutzung der Atomkraft demonstriert. Sie wurden von der Armee dieses überforderten Staates in die Zange genommen, es wurde auf sie geschossen. Die genaue Zahl derer, die dieser provozierten Massenpanik zum Opfer fielen, steht noch nicht fest. Wie ich inzwischen erfahren habe, sollen es weit über dreitausend sein. Lasst uns dieser Menschen gedenken.“ Maeva winkte ihre Leibwächter herbei, die sich mit ihr in einer Reihe aufstellten. Hinter dem Reaktorblock 1 stieg ein Werkshelikopter auf und verharrte in zwanzig Metern Höhe mit schmatzenden Rotorblättern in der Luft, während am Boden die Hunde losgelassen wurden, deren heiseres Gebell entlang des Zauns der stillen Andacht jedoch nichts an Würde nehmen konnte. Im Gegenteil, vor dem sattsam bekannten Lärm der Welt wohnte Maevas Moment der Besinnung ein majestätischer Zauber inne. „Ich glaube, dass mir erst heute so richtig bewusst geworden ist, wie seelenlos und brutal das multinational agierende Management auf Veränderung reagiert,“ hob Maeva erneut an. „Ich hätte es wissen sollen. Wir alle sollten es wissen: der ungezügelte Kapitalismus hat als Ersatzreligion ausgedient, er zerstört sich gerade selbst. Wir müssen jetzt handeln. Radikaler und schneller, als wir es uns vor kurzem noch vorstellen konnten. Ich will und werde den Traum nicht aufgeben, dass wir gemeinsam zu einem Verständnis zurückfinden, das nicht nur den Menschen, sondern auch ihrer Mitwelt nützt …“