7 bis 15 Minuten
Die Arbeit am „Tahiti-Virus“ wurde bisher von Sponsorengeldern bezahlt. Diese Gelder sind nun erschöpft. In meiner Not hatte ich ein mir sehr lieb gewonnenes Romanmanuskript, das ich eigentlich unter Verschluss halten wollte, einem Literaturagenten anvertraut, damit er es unter seine Fittiche nehmen sollte. Es war das erste Mal, dass ich mich an einen Agenten gewandt habe. Gestern nun teilte er mir mit, dass er für mich nicht tätig werden könne. Seine Begründung war von schonungsloser Offenheit und jeder, der sich mit dem Gedanken trägt, ein Buch zu schreiben, sollte sich darüber im Klaren sein, was ihn bei der Vermarktung seines Werkes erwartet. Dieses nämlich…
„Die Situation in den deutschen Lektoraten ist nun mal so: Ein Lektor ist ein profaner Projektmanager, einer mit Umsatzvorgaben, einer mit Programmplatzschemata, einer mit Deckungsbeitragsrechnungen, keiner der die Fackel der Kultur um der Kultur willen hochhält, vielmehr einer, der Zielgruppen, Themen, Abverkaufszahlen vor Augen hat und sich fragt, wie kann ich die Zielgruppe und die Themen optimal bedienen, im idealen Fall auch noch anspruchsvoll und literarisch.
Und ein Lektor hat 7 bis 15 Minuten, in denen er sich mit einem Buch beschäftigt. In diesen Minuten muss er den Plot erkennen, das Anliegen des Autors, die Art und Weise wie der Autor es macht (mit Humor, mit Verzweiflung etc.) und in seinem Kopf muss sich das Bild einer Zielgruppe formieren, die bekanntermaßen Bücher kauft, bei der Lektüre muss sich die Phantasie oder die Illusion einer Leserschaft entwickeln, die es schon gibt.“
7 bis 15 Minuten nehmen sie sich also Zeit, um die Arbeit eines Jahres zu beurteilen. Was soll man dazu sagen? Plötzlich fällt mir ein, dass ich mit der „Ökodiktatur“ zwölf Jahre lang hausieren gegangen bin, bevor sich endlich ein Verleger bereit fand, das Risiko einer Veröffentlichung einzugehen. Dass „Das Tahiti-Projekt“ bereits nach einem Jahr einen so wunderbaren Verlag wie Pendo gefunden hatte, war reiner Zufall. Bei Pendo saßen Leute, die das Potential des Themas erkannt haben, obwohl zuvor etwa dreißig Verlage mit der Begründung abgesagt hatten, dass für Bücher dieses Schlages kein Publikum vorhanden sei. Inzwischen wissen wir, dass das nicht stimmt. An der Arroganz in den Lektoraten deutscher Buchverlage wird das jedoch nichts ändern. Ebensowenig wie an deren marktorientierter Politik. Diese Politik aber scheint mir derart fest gefahren, dass das Gespür für neue Märkte, die im wesentlichen mit den gesellschaftspolitischen Entwicklungen zu tun haben, kaum noch vorhanden ist. Die großen Verlage setzen auf Sicherheit: Lizensausgaben ausländischer Bestseller, Bohlen-Biographien und Feuchtgebiete. Money makes the world go around. Wohin das führt, dürfen wir gerade weltweit erleben …
PS: Drückt die Daumen, dass es jedenfalls „Das Tahiti-Virus“ (jetzt „MAEVA“) zwischen zwei Buchdeckel schafft. Entschieden ist nämlich noch nichts.