Brief an die Hart und Fairs im Fernsehen
„Wenn Demokratie etwas verändern könnte, hätte man sie längst verboten.“ Nicht schlecht, der Satz, oder? Stammt von dem russischen Anarchisten Michail Bakunin (1814 – 1876). Etwa hundert Jahre nach dessen Tod äußerte sich Sithu U Thant in seiner Eigenschaft als dritter Generalsekretär der UNO wie folgt: „Ich glaube nicht, dass die umweltpolitischen Herausforderungen, denen sich die Menschheit heute gegenübersieht, mit demokratischen Mitteln gelöst werden können. Die Entscheidungsfindung dauert einfach zu lange, wenn sie denn überhaupt in die richtige Richtung weist.“ Als ich diese Worte einmal in einer Talkshow zitierte, hielt mir der Moderator folgendes entgegen: „Nun ja, auch ein UN-Generalsekretär hat die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen.“ Womit wir beim Thema wären: die Medien…
Der geniale spanische Filmregisseur Luis Bunuel ( „Ein andalusischer Hund“, „Der Würgeengel“, „Der diskrete Charme der Bourgeoisie“) hat in seinem Buch „Mein letzter Seufzer“ die aktuellen apokalyptischen Reiter genannt: Überbevölkerung, kapitalistische Gier, Rüstungswahn, Energiehunger und Medien. Wobei er die Medien als den schlimmsten aller Reiter bezeichnete. Warum? Weil sie den Ereignissen ihrer Zeit hinterher hecheln und unerträglich lange wiederkäuen, was durch die Ereignisse ausgeschieden wird und als Mist auf der Strecke bleibt. Ich habe vierzig Jahre meines Lebens in diesem „Traumberuf“ verbracht – genauso ist es, Herrschaften!
Nun sollte man meinen, dass die Medien angesichts des von niemandem mehr ernsthaft bestrittenen drohenden Ökozids dem Thema zumindest seriöse Beachtung schenken. Ist aber nicht so. Schauen wir uns an, was die Illners, Maischbergers, Beckmänner, Kerners, die Herren Hart und Fair und andere, welche die rar gesäten TV-Politformate besetzt halten, uns in dieser besorgniserregenden Situation, die wahrhaft nach neuen Lösungen schreit, anzubieten haben: Westerwelles nichts sagende Schnute, Gysis rotköpfige Empörung über den Sozialstaat, Steinbrücks alerte Finanzstrategie, Claudia Roths Ergebniskosmetik nach Wahlen, Seehofers geschlingertes Steuerversprechen. Angst vor Rot-Rot, Hartz V, Rentenvorsorge, Dienstwagenaffären – das ist der Stoff, aus dem die Redaktionsträume sind. Feuchtgebiete waren überall, das Tahiti-Projekt fiel trotz einiger Zusagen immer wieder hinten raus aus der Planung. Dabei hatten wir ein wirklich sehr interessantes Paket geschnürt: Dennis Meadows, Jean Ziegler, Peter Maffey, Eric Bihl. Hätte ich mir sehr gerne angeschaut.
Nun gut, es ist eben nicht erwünscht, die Dinge klar anzusprechen, ich habe damit meinen Frieden geschlossen. Das hat mit dem „Tahiti-Projekt“ zu tun, das einen erfreulichen Weg geht. Das Buch hat die Qualität, Menschen zusammen zu bringen, die froh sind, dass sie ihre Sorgen im Verbund diskutieren können. Aber ganz so einfach möchte ich die Schnarchnasen im Fernsehen nicht davon kommen lassen. Wir haben einen Brief formuliert, der in den nächsten Wochen an alle TV-Redaktionen abgeschickt wird, die für unser Thema in Frage kommen. Die meisten werden nicht antworten. Diese Nichtreaktionen werden an dieser Stelle trotzdem dokumentiert, als Nachricht. Natürlich setzen wir euch auch über die Antwortschreiben in Kenntnis, falls sie denn kommen. Hier ist der Brief:
Sehr geehrte Frau Illner, sehr geehrter Herr Scobel und wen es nicht alles gibt.
In der Anlage schicken wir Ihnen den Roman „Das Tahiti-Projekt“ von Dirk C. Fleck, der gerade mit dem Deutschen Science Fiction Preis 2009 ausgezeichnet wurde. Jean Ziegler nannte den Roman „ein Buch der Hoffnung“. Warum? Weil er den Menschen im Zuge der allgemeinen Untergangsliteratur endlich eine positive Perspektive bietet.
„Nichts, was in diesem Buch beschrieben wird, ist unrealistisch oder im meist abwertend gebrauchtem Sinne utopisch,“ heißt es in der Laudatio anlässlich der Preisverleihung. „Lediglich der Mensch steht einer Umsetzung im Wege.“
Der Roman basiert auf dem von Daniel Goeudevert (Vorwort) und Peter Ustinov (Nachwort) unterstütztem Sachbuch „Equilibrismus – neue Konzepte statt Reformen für eine Welt im Gleichgewicht“. Und er ist, wie der Titel bereits verrät, mehr als ein Roman, er ist Teil eines Projektes, das auf Tahiti Wirklichkeit werden soll. Im Februar erscheint das Taschenbuch bei Piper, die französische Übersetzung ist fertig, eine englische und spanische sind in Arbeit. Zur Zeit sind zwei Studenten der Universitäten Dundee (Schottland) und Halle auf Tahiti, um dort eine Machbarkeitsstudie auf der Basis des „Tahiti-Projekts“ zu erstellen. Nachzulesen ist dies unter www.tahiti-virus.blogspot.com. Informationen zum Buch gibt es unter www.tahiti-projekt.org. Außerdem lohnt sich ein Blick auf die Website des Equlibrismus: www.equilibrismus.de . Auf der Website des Piper Verlages www.piper-verlag.de finden Sie Pressestimmen.
Dirk C. Fleck, der bereits 1994 für seinen düsteren Zukunftsroman „GO! – Die Ökodiktatur“ mit dem Deutschen Sciene Fiction Preis ausgezeichnet wurde, schreibt zur Zeit an der Fortsetzung des „Tahiti-Projekts“. Titel: „Das Tahiti-Virus“.
Wir glauben, dass es höchste Zeit geworden ist, unser kollabierendes Wirtschaftssystem radikal in Frage zu stellen und machbare Alternativen zu entwickeln. Dass vor allem die junge Generation, die von den Auswüchsen unserer Misswirtschaft ja am stärksten betroffen sein wird, dieses Angebot längst dankend angenommen hat, erleben wir auf unseren Lese- und Vortragsreisen ständig. Es wäre wünschenswert, wenn sich neben den Printmedien (über deren ausführliche Berichterstattung wir uns nicht beschweren mögen) nun auch das Fernsehen einem Thema widmen könnte, das immer mehr Menschen beschäftigt und beunruhigt. Prominente Unterstützung für das „Tahiti-Projekt“ gibt es inzwischen genug (für den Fall, dass man wieder einmal einen Promi benötigt, um ein brisantes Thema zu befördern).
Wir sind gespannt auf Ihre Antwort. Wie immer sie ausfallen mag, wir werden sie im Internet dokumentieren.
Mit freundlichen Grüßen