Frauenpower
Kimberley fragt sich, ob die Welt wohl besser aussehen würde, wenn sie von Frauen regiert worden wäre. Aber ja! Die Ethnologin Margaret Mead hatte schon in den zwanziger und dreißiger Jahren den gesamten Sozialwissenschaften neue Impulse gegeben. Auf Samoa und in Neuguinea erforschte sie die Stämme der Arapesh, Tchambuli und Mundugumor, die nach dem Matriarchat funktionierten. Sie hatten in der Tat eine gerechte und friedliche Gesellschaft zustande gebracht. Mead folgerte daraus, dass die bekannten Geschlechterrollen kulturell bedingt seien und nicht genetisch vorgegeben.
In der uns bekannten Männerwelt, in der gesamten Menschheitsgeschichte, ist im Grunde nichts anderes zu beobachten gewesen, als ein endloses, nerviges Gockelgehabe, das immer wieder zu sozialen Zerwürfnissen und kriegerischen Auseinandersetzungen geführt hat – und nach wie vor führt. Macht wird von Männern grundsätzlich anders interpretiert als von Frauen. Während sich Männer an der Macht berauschen, vermögen Frauen ihr noch so etwas wie Verantwortung anzuhängen. Zugegeben, das klingt ein wenig vereinfacht, denn es gibt genügend Beispiele, die belegen, dass auch Frauen in Führungspositionen zu seelenlosen Monstern mutieren. Aber diese Führungspositionen haben sie sich in einer Männerwelt erkämpft, in der die Standards des Erfolgs festgelegt sind, in der eigene Gesetze gelten, wenn man erfolgreich sein will. Dennoch: Frauen haben ein grundsätzlich anderes Verhältnis zum Leben. Indem sie in der Lage sind, Leben zu spenden, wissen sie den Wert des Lebens auch zu schätzen.
Wie verzweifelt die Lage ist, in der uns die Gockel gebracht haben, lässt sich aus der Tatsache ablesen, dass sich inzwischen immer mehr Frauen fragen, ob es überhaupt noch Sinn macht, Kinder in diese Welt zu setzen. Das muss man sich mal vorstellen: Frauen nehmen bewusst Abstand von ihrer natürlichen Bestimmung! Ein Notwehrreflex. Da muss dann schon einiges vorgefallen sein …
Die Tatsache, dass wir im „Tahiti-Virus“ mit Maeva eine Frau als Protagonistin installiert haben, die den notwendigen Paradigmenwechsel maßgeblich befördert, ist kein Zufall. Wobei die Gefahren, der sich unsere Heldin nun automatisch gegenüber sieht, auf der Hand liegen. Wird sie überleben? Ich weiß es nicht. Es wird spannend. So viel aber sei verraten: die Menschen, die sich hinter Maeva versammeln, haben sich frei gemacht vom Selbstbetrug, sie verfahren nicht länger nach dem Motto „Mein Kind schielt nicht, es soll so gucken …“, sie nehmen die Herausforderungen an, die uns gestellt sind, wenn wir den Kräften, die unseren Lebensraum Erde in einen verrotteten Industrie- und Verkehrspark verwandelt haben, Einhalt gebieten wollen.
Wie klingt das? In einem Roman darf man das. In einem Roman darf man alles. Deshalb und nur deshalb schreibe ich.